Mein Name ist Appel Christina, ich bin 1996 in Gmünd/NÖ geboren und lebe in Wien. Mit meiner Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin im Bereich Behindertenarbeit bin ich 2015 fertig geworden und seither in diesem Beruf tätig.
Eine Geschichte, die in meiner Kindheit begonnen und mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich heute bin.
„Mama, mir tut´ s da weh!“ Diesen Satz habe ich als 4-Jährige wohl sehr oft gesagt und dabei auf meine linke Hüfte gezeigt. Jeder Schritt, jede Bewegung schmerzte und fühlte sich an, als ob mich eine große, spitze Nadel durchbohrte. Ich wollte mit den anderen Kindern spielen, wollte mit ihnen im Garten herumtollen, doch das wiederholte Stechen ließ es nicht zu. Ich weiß nicht mehr, wie viele Tränen ich vergossen, wie viele Taschentücher ich aufgebraucht habe. Aber es waren viele und wurden noch mehr, als ich für fast ein halbes Jahr meinen Kinderwagen nicht mehr verlassen durfte. Die Schmerzen waren so stark geworden und die Diagnosen der Ärzte unklar. Die anderen Kinder beim Spielen zu beobachten, zuzusehen wie sie lachten, tat weh. Wie wichtig einem die Freiheit ist, die Freiheit sich frei zu bewegen und seinen Körper uneingeschränkt verwenden zu können, wird einem erst klar, wenn man dessen beraubt wird. Eines war aber allen Ärzten klar: Bewegung und Sport hilft! Also habe ich angefangen, meinen Kinderwagen an Tagen, an denen meine Schmerzen erträglich waren, für kurze Zeit zu verlassen. Ich habe wieder „gehen gelernt“ und meine Freiheit zurückerlangt. Es hat gedauert, aber ich habe es mit viel Unterstützung und motivierenden Worten geschafft. Wenn ich etwas erreichen möchte, dann gebe ich stets mein Bestes. Das ist damals so gewesen und ich habe mir diese Willensstärke bis heute erhalten. So ist es auch nicht wunderlich, dass ich bald darauf wieder laufen konnte und einige Zeit später am Herrenseelauf teilgenommen und den 3. Platz erkämpft habe. Die Freude an der Bewegung war zurückgekehrt. Ich habe hart trainiert, um meine Ziele zu erreichen. Die Schmerzen haben mich weiterhin begleitet, doch ich habe mich mit meinem Körper intensiv auseinandergesetzt und gelernt, mit ihnen umzugehen. Mit 13 habe ich an der ersten Staatsmeisterschaft teilgenommen, die Freude war riesengroß. Umso härter hat es mich getroffen, als ich mit 15 an Asthma erkrankte und damit meine Laufkarriere ein jähes Ende fand. Mit 15 steckte ich mitten in der Pubertät. Ich war frustriert und wütend. Meine Gedanken kreisten oft um die Frage: Warum muss das ausgerechnet mir passieren? Ich wollte ja, aber konnte nicht mehr. Mein Wille war jedoch stärker und so schöpfte ich erneut Mut. Zwar nahm ich nicht mehr an Staatsmeisterschaften teil, aber ich blieb dran und trainierte zu Hause weiter. Mit 19 Jahren habe ich die Liebe zum Kraftsport entdeckt. Zwei Jahre später musste ich eine Trainingspause einlegen, da ich an meiner Hüfte operierte wurde. Dieses Mal habe ich mich aber schneller zurückgekämpft und bereits zwei Wochen nach der Operation mit den ersten Kraftübungen begonnen. Ich war wieder zurück.
Aber nicht nur die Liebe zum Sport begleitet mich schon mein ganzes Leben, vor allem die Menschen, die ich in meinem bisherigen Leben kennenlernen durfte, haben mich geprägt. So wurde ich bereits in sehr jungen Jahren mit Menschen konfrontiert, die, wie die meisten behaupten würden, anders sind. Es waren und sind Menschen mit einer körperlichen und geistigen Beeinträchtigung. Menschen wie du und ich, eben ein bisschen anders. Aber sind wir das nicht alle? Sind wir nicht alle unterschiedlich und somit perfekt?
Der Bruder meiner besten Freundin hat eine geistige und körperliche Beeinträchtigung, genauso wie das Mädchen aus meiner Nachbarschaft. Das hat mich aber als Kind nicht davon abgehalten mit ihnen zu spielen und mit ihnen Zeit zu verbringen. Oft musste ich schmerzlich zusehen, wie sie von den anderen ausgegrenzt wurden, ja, wie sie sich regelrecht von ihnen fern hielten. Wenn ich mir heute vorstelle, wie weh es mir tat, wie schmerzhaft muss es dann für Menschen sein, die sich nicht wehren können? Manchmal könne wir wirklich sehr grausam zueinander sein…
Das Schicksal hat es gut mir mir gemeint und so entdeckte ich vor einigen Jahren einen Flyer. Dieser machte Werbung für die Ausbildung zum Bewegungscoach für Mentalbehindertensport und so zählte ich eins und eins zusammen: Die Freunde an der Bewegung und die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung führte dazu, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe. Nach und nach wurde mir bewusst, wie groß die Nachfrage war und so entschloss ich mich dazu, mich selbstständig zu machen. Ich möchte allen Menschen die Freunde an der Bewegung weitergeben können, aber seien wir doch einmal ehrlich: Wir haben die Chancen, wir können uns bewegen, ob wir es tun, bleibt uns selber überlassen. Aber Menschen mit einer Beeinträchtigung haben diese Chance heute oft noch immer nicht. Ich möchte einen Teil dazu beitragen und Sport ermöglichen. Egal wie viele Steine mir in den Weg gelegt wurden, egal wie oft ich kämpfen musste, ich habe es immer wieder geschafft aufzustehen. Heute möchte ich für andere kämpfen und gemeinsam siegen.
Ich möchte mein Wissen und meine Motivation an so viele Menschen wie nur möglich weitergeben und somit einen Teil zur Chancengleichheit beitragen.